Ausgabe September| Oktober 2017

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AUSZUG AUS DEM INHALT:

SPEZIALTHEMA
Wenn Helfer zu Täter – Aggression und Gewalt in der Pflege
Gewalt gegenüber abhängigen Personen ist sowohl gesellschaftlich als auch in der Pflege immer noch ein Tabuthema (ZQP 2017). Wohl finden die Themen Gewalt gegen Frauen oder Kinder inzwischen erhöhte Aufmerksamkeit, dagegen wird Gewalt gegenüber Patienten und älteren, insbesondere pflegebedürftigen Menschen eher abgestritten. Auch werden Übergriffe auf Patienten selten bis gar nicht aufgedeckt. Eine große Ausnahme bildet der aktuelle Fall eines Krankenpflegers, der vermutlich den Tod von über 80 Menschen verursacht hat. Ein nie gekanntes Ausmaß an Gewalt. In weniger spektakulären Fällen ist die Aufmerksamkeit nicht so groß.

RECHTLICHE ANFORDERUNGEN / ZERTIFIZIERUNG / KONTROLLEN
DIN EN 15224 – Revision seit Mai 2017 in Kraft
Im Qualitätsmanagement sind schon seit Langem die Normen der 9000er-Reihe wichtige Gradmesser und werden in allen Branchen herangezogen. Immer wieder war umstritten, in welcher Form diese Normen tatsächlich in Einrichtungen des Gesundheitswesens anwendbar sind. Nach langen Diskussionen wurde eine eigene Norm entwickelt, die zumindest auf europäischer und deutscher Ebene hier eine Verbesserung darstellen sollte. Die DIN EN 15224 wurde 2012 veröffentlicht und stellt eine Adaptierung der DIN EN ISO 9001 an das Gesundheitswesen dar. Nach der Novelle der DIN EN ISO 9001 war eine Revision der DIN EN 15224 unausweichlich. Nachdem letztes Jahr der Normentwurf vorgelegt wurde, ist seit Mai dieses Jahres die novellierte Norm endgültig in Kraft.

Aktuelles Urteil des OLG Köln: Sturz bei unbegleitetem Toilettengang im Krankenhaus
In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen kommt es immer wieder zu Sturzereignissen oder Beinahestürzen. Aus pflegerischer Sicht gibt es eindeutige Vorgaben und Anforderungen an die handelnden Personen. Der Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege definiert, was die Pflegekräfte und was die Einrichtungen tun sollen, um Sturzereignisse zu vermeiden. Allerdings lassen sich in der Praxis Sturzereignisse reduzieren, ausschließen kann man sie leider nicht. Deswegen kommt es auch immer wieder zu entsprechenden rechtlichen Auseinandersetzungen und haftungsrechtlichen Forderungen von Patienten, Angehörigen oder den Kostenträgern. Die entsprechenden Urteile sollten Sie kennen. Die fachlichen Begründungen der Richter können auch handlungsleitend sein und ggf. sinnvolle Anhaltspunkte für Ihre einrichtungsinternen Dokumente und Verfahrensanweisungen bieten. Vor Kurzem hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln ein Urteil verkündet, das neue wichtige Erkenntnisse im Zusammenhang mit einem Sturzereignis enthält….

BETREUUNG BEI DEMENZ
AAL und Demenz – schöne neue digitale Welt für Demenzbetroffene
Kaum eine Publikation, die sich nicht mit dem Thema AAL beschäftigt. Deswegen stellt sich die Frage: Welchen Nutzen hat AAL generell, was gibt es bereits und wie können Pflegeeinrichtungen davon profitieren?

PFLEGEPRAXIS
„Gut gemacht …“: Legen eines transurethralen Blasenverweilkatheters und Prävention von Komplikationen
Die meisten nosokomialen Harnwegsinfekte (HWI) treten bei Patienten mit einem Urindauerkatheter (UDK) auf. Die Infektionsrate lässt sich senken durch eine strenge Indikationsstellung und möglichst kurze Liegedauer des Katheters. Auch wenn sich die veröffentlichten KRINKO-Empfehlungen (Martius 2015) auf die Akutversorgung im Krankenhaus beziehen, sollten sie analog auch in Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege angewendet werden. Das gilt auch bei fehlender Kostenübernahme der erforderlichen Materialien….

ARBEITSSCHUTZ
Zeigt her eure Hände – Tipps und Entscheidungshilfen zur richtigen Handschuhwahl
Welche Handschuhe für welchen Zweck? Eine Frage, die man sich in der Pflege häufiger stellt oder stellen sollte. Nur, welche Antwort stimmt bzw. was kann einem die Auswahl bei der Vielzahl von Handschuhen und Anbietern erleichtern? In diesem Zusammenhang gibt es viele verschiedene Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. In der täglichen Pflege fragt man sich üblicherweise nicht, welchen Handschuh man nehmen soll. Selten hat man die Wahl. Einzige Ausnahme sind Allergiker, für die spezielle Einmalhandschuhe vorgehalten werden….

HYGIENE AKTUELL: MRE / NOSOKOMIALE INFEKTIONEN
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der multiresistenten Keime
Es ist eine sehr große Herausforderung, die Entstehung und weitere Ausbreitung von multiresistenten Keimen in Gesundheitseinrichtungen in Deutschland einzudämmen oder gar zu vermeiden. Dies kann nur durch das abgestimmte Handeln innerhalb der medizinischen Einrichtungen (Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, ambulante Pflege …) selbst gelingen, weshalb seit einigen Jahren die regionalen MRE-Netzwerke etabliert wurden und weiterhin werden.

HYGIENE AKTUELL: HYGIENEKONZEPTE
Antibiotic Stewardship – ein Blick über den Tellerrand nach Europa
Die Resistenzentwicklungen gegen eine Vielzahl derzeit eingesetzter Antibiotika sind ein weltweites Problem. Wenn auch das erklärte Ziel der Weltgesundheitsorganisation ist, diese Entwicklungen mithilfe geeigneter Maßnahmen des Antibiotic Stewardship einzudämmen, so obliegt es schließlich doch immer den Verantwortlichen eines jeden Staates, diese Forderungen in der Praxis auch umzusetzen. Auf europäischer Ebene finden sich hierzu ebenso Leitlinien der  Europäischen Union, doch was in den einzelnen Mitgliedsstaaten daraus gemacht wird, legt deutlich die zumeist auch qualitativen Unterschiede offen….

Gewalt in der Pflege

Liebe Leserinnen und Leser,

normalerweise schreibe ich dieses Editorial unabhängig von den Inhalten der Ausgabe und konzentriere mich auf allgemeine oder pflegepolitische Themen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: In dieser Ausgabe ist ein Artikel, der mich sehr beschäftigt und den ich aufgreifen möchte: Gewalt in der Pflege. In den Medien begegnet uns Gewalt momentan tagtäglich: egal ob aufgrund der zahlreichen Kriege oder durch einen terroristischen Anschlag oder weil ein Überfall besonders brutal oder menschenverachtend war. Das ist die eine Seite der Gewalt – medial präsent und quasi in aller Munde. Die andere Seite von Gewalt passiert eher im Verborgenen oder aber sie erfährt keine mediale Präsenz. Eine mögliche Erklärung: Es gibt keine spektakulären Bilder. Eine andere mögliche Erklärung, gesellschaftliche Tabus werden tangiert. Und eine dritte mögliche Erklärung ist, dass Gewalt nicht als solche wahrgenommen wird.

Gewalt hat verschiedene Erscheinungsformen – sie kann physisch oder / und psychisch ausgeübt werden. Unabhängig davon, wie Gewalt ausgeübt wird, die Betroffenen leben mit den negativen Folgen und leiden darunter. Besonders erschreckend ist, wenn Schutzbefohlene Gewalt ausgesetzt sind. Wenn das bei Pflegebedürftigen vorkommt, dann häufig im Verborgenen. Tatsächlich werden meist nur Patiententötungen von der Öffentlichkeit registriert – auch hier gilt: Es sind die spektakulären Fälle, die Beachtung finden. Umso bemerkenswerter ist, wie Franz Sitzmann die Zusammenhänge zwischen strukturellen Problemen in der Pflege und Gewalt beschreibt. Eine notwendige Konsequenz wäre, sich offensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, um einen gesellschaftlichen Diskurs in Gang zu setzen. Ohne Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Arbeitsbelastung werden wir leider immer wieder erleben, dass Schutzbefohlene zu Opfern werden.

Geben wir den Betroffenen eine Stimme und stoßen wir in ihrem Namen die notwendige Diskussion an!

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Barbara Poschwatta
Objektleitung „QM-PRAXIS in der Pflege“