HYGIENE AKTUELL
Erstellen eines Hygienemanagement-Handbuchs – ein Erfahrungsbericht
Text: Franz Sitzmann | Foto (Header): © Adam Borkowski – Fotolia.com
Das Hygienemanagement einer Einrichtung basiert auf verschiedenen rechtlichen Anforderungen an die Hygiene in Gesundheitseinrichtungen und gibt wieder, wie die Einrichtungen diese Anforderungen in die Praxis umsetzt. Hierzu werden unterschiedliche Dokumente im Rahmen des Hygienemanagement-Handbuchs gebündelt. Für die Mitarbeiter hat dies den Vorteil, dass sie auf alle wesentlichen Grundlagen und Ausführungsvorgaben zurückgreifen können. Hier besteht auch eine große Nähe zum QM-Handbuch. Dieser Beitrag beschreibt, wie Einrichtungen ein Hygienemanagement-
Handbuch erstellen können und es gleichzeitig als Wissensspeicher effektiv nutzen. Ein Praxisbeispiel illustriert die Ausführungen.
Auszug aus:
QM Praxis in der Pflege
Ausgabe Mai / Juni 2015
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Was heißt Hygiene-Management?
Die Anforderungen an die Hygiene steigen kontinuierlich. Das Robert Koch-Institut, die Berufsgenossenschaften, das Infektionsschutzgesetz u. a. bestimmen und empfehlen konkrete Hygienemaßnahmen, deren Umsetzung der Gesetzgeber überprüft. Kiehl (2015) definiert den Begriff „Hygienemanagement“:
Definition: „Hygienemanagement (ist die) Organisation, Leitung und praktische Durchsetzung der zur Wahrung der Hygiene in einer medizinischen Einrichtung erforderlichen Maßnahmen. Besondere Aufgaben sind betriebliche Regelungen zur Hygiene (…) sowie deren laufende Durchsetzung und die Kontrolle ihrer Einhaltung. Das Hygienemanagement ist eng verzahnt mit dem Qualitätsmanagement im Krankenhaus (Maßnahmen, die die Qualität der Leistungen sichern oder verbessern sollen) in Verbindung mit einer laufenden Qualitätskontrolle (quality assurance).“
In dem vielfach verwendeten und eng verwandten Begriff „Hygieneregime“ wird das System der betrieblichen Regelungen stärker betont. Ziel ist, dass in der täglichen Praxis das normative Element eines Hygienemanagement-Handbuchs (HMH) und das aus Verhalten und Handeln bestehende Element eine Einheit bilden. Dabei soll die festgelegte Basis- oder Standardhygiene ggf. situationsgerecht erweitert werden. Wichtiger Bestandteil dieses „Hygieneregimes“ soll das antimikrobielle „Regime“ darstellen.
Grundsätzlich besteht jedoch keine Notwendigkeit, Begriffe wie „Regime“, die im allgemeinen Sprachgebrauch vor allem für nicht demokratisch gebildete und kontrollierte Herrschaftsformen, etwa für Diktaturen oder Putschregierungen, genutzt werden, für Regelungs- und / oder Ordnungssysteme in Kliniken und den Bereich der betrieblichen Regelung von Hygieneverabredungen anzuwenden.
Gedruckte Fassung oder elektronisches Format
Ein in diesem Zusammenhang formuliertes einrichtungsbezogenes Handbuch kann in gedruckter Fassung erstellt und genutzt werden oder in elektronischer Form im World Wide Web oder Intranet. Zunehmend werden Hygienemanagement-Handbücher im Web öffentlich zugänglich gemacht. Sie sind ein nützlicher Beitrag zur Realisierung der Campusidee als Netzwerkbildung im Gesundheitsdienst mit verschiedenen Trägern. Nachfolgend werden zwei Beispiele genannt.
- www.guidelines.ch/:
Unter www.guidelines.ch/ findet sich eine Sammlung pflegerisch-medizinischer Richtlinien, die gleichfalls infektiologische und hygienische Fragestellungen und Antworten enthalten. Eine Reihe Schweizer Kliniken geben hier Informationen, die den pflegerisch-medizinischen Behandlungsprozess bei der Entscheidungsfindung erleichtern. Sie richtet sich an Hausärzte, medizinische Abteilungen oder Kliniken, um Hygieneleitlinien für Mitarbeiter oder andere Personen zugänglich zu machen. Eine Besonderheit liegt zudem darin, dass GUIDELINES.CH medizinisch-pflegerische Fachleute animieren will, Leitlinien öffentlich bereitzustellen. Dadurch soll eine Plattform geschaffen werden, die jeder zur Diagnostik und Therapie nutzen kann. Inhalte der Webseite GUIDELINES.CH werden sorgfältig geprüft, durch die Autoren, die meist Fachspezialisten auf diesen Gebieten sind, validiert und regelmäßig aktualisiert. Damit wurde ein Handbuch veröffentlicht, das dieses gemeinsam mit den Betroffenen entwickelte Konzept darstellt, nachvollziehbar macht und für andere eine Arbeitshilfe bietet, die ihresgleichen sucht. - www.klinik-hygiene.de:
Ein weiteres Beispiel für eine website ist die vom Autor 2004 erstellte und fortgesetzt aktualisierte website www.klinikhygiene.de. Sie wurde ursprünglich für die fünf in der Hygieneberatung vom Autor betreuten Krankenhäuser ausgestaltet. Auch wenn sie insbesondere klinikinterne Empfehlungen gibt, kann sie vielfach eine Fundgrube für dringende Fragen zur Hygiene sein.
Wofür wird ein Hygienemanagement-Handbuch benötigt?
Rechtliche Bedeutung
Pflegende und Ärzte mussten sich jahrhundertelang nur wenigen Normen und Leitempfehlungen unterwerfen. Ärzte erkennen den Hippokratischen Eid, die Standesethik, an und sind wie Pflegende ihrem eigenen Gewissen verpflichtet. Der moderne Rechtsstaat hat jedoch inzwischen auch die Medizin durchdrungen.
Ein Beispiel dafür ist das in 2013 verabschiedete „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“, kurz „Patientenrechtgesetz“. Mit dem kontinuierlichen Anstieg der mittleren Lebenserwartung unserer Gesellschaft ist eine höhere Multimorbidität, zunehmende Invasivität medizinischer Behandlungen sowie neue medizinischtechnische Entwicklungen und moderne Behandlungsformen zu erwarten. Mit der absehbaren deutlichen Zunahme komplexer und invasiver medizinischpflegerischer Therapien in den kommenden Jahrzehnten ist zwangsläufig verbunden eine Zunahme der Anzahl von HAI, d. h. behandlungsassoziierter Infektionen (healthcare-associated infections). Dies hat zur Folge, dass Qualitätsanforderungen und Prioritäten der Patientensicherheit wesentlich von einer effektiven Reduzierung derartiger Infektionen und bestehen bleibenden Therapiemöglichkeiten abhängen.
Sicheres Vermeiden, rasches Erkennen und adäquates Behandeln dieser Infektionen werden in den kommenden Jahren immer wichtiger und ein wesentlicher messbarer Indikator für die Versorgungsqualität, Patienten- und Rechtssicherheit werden.
Objektiv begründete Verhaltensnormen und -vorschriften
Defizite des Hygieneverhaltens bedingen, dass nicht lediglich ein allgemeiner Appell im Sinne von „Hände desinfizieren nützt“ für die Etablierung des notwendigen Verhaltens ausreicht. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass solche konkreten Verhaltensnotwendigkeiten immer auch noch ihre situative und betriebsbezogene Ausformulierung benötigen.
Um Veränderungen insbesondere im Bereich der Hygiene effizient und effektiv zu managen, brauchen Kliniken eine systematische Planung, Steuerung, Implementierung und Kontrolle des Veränderungsprozesses. Im Bereich der wissenschaftlichen Hygiene begegnet man heute zwar vielfach auch der Erörterung und Diskussion von Hygienedefiziten, es fehlt aber vielfach die Etablierung objektiv begründeter Verhaltensnormen und Verhaltensvorschriften. In einem Hygienemanagement-Handbuch sind daher aufzunehmen:
- Normen und normatives Verhalten,
- soweit wie möglich wissenschaftlich begründete Verhaltensnormen des Hygieneverhaltens,
- hygienisch sinnvolles und notwendiges Verhalten,
- Verfahrensanweisungen zum betriebsinternen Hygiene- und Infektionsmanagement.
Diskrepanzen zwischen Wissen und praktiziertem Handeln oder Verhalten
Lange Zeit galt – auch in der wissenschaftlichen Psychologie – die nicht angezweifelte Erkenntnis, dass erlerntes Wissen gleichbedeutend sei mit alltäglich praktiziertem Handeln und Verhalten. Wissen galt als hinreichende Wirkung dafür, dass dieses Wissen jederzeit in jeder Situation auch das alltägliche Verhalten bestimmt: „Aufklärung und Kenntnis“ als Basis vernünftigen Handelns. Wenn die Gleichung von Wissen = Verhalten wirklich zutreffen würde, müsste dies zu einer meist mustergültigen persönlichen, beruflichen und interkollegialen Handlungsweise führen.
Auch im Zusammenhang der Krankenhaushygiene stellt sich jedoch immer wieder die Frage, was wissen die Kollegen alles über hygienische Notwendigkeiten, vor allem im Hinblick auf die Händehygiene und dem Praktizieren einer korrekten Standardhygiene. Das Wissen der Klinikmitarbeiter ist wohl gegenüber den Kenntnissen der übrigen Bevölkerung etwas differenzierter. Eine kritische Betrachtung führt aber doch zu zwei grundsätzlichen Befunden:
- Das Meinungsbild ist nicht homogen, d. h., es gibt kein einheitliches, bei allen Menschen identisches Hygienewissen; das gilt auch für die Mitarbeiter von Krankenhäusern.
- Das vorhandene Hygienewissen ist begrenzt, nicht selten in hohem Maße defizitär und weitgehend allgemeiner, stereotyper Art, d. h. konkretere Zusammenhänge und Verhaltensanleitungen zur erforderlichen Überwindung der Hygienerisiken sind praktisch nicht vorhanden.
Die Umsetzung des Wissens, soweit es denn überhaupt vorhanden ist, in alltägliches Hygieneverhalten ist damit nicht sichergestellt; es gilt vielfach der Satz „Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ oder „Denn sie tun nicht, was sie wissen.“ Besonders im Zusammenhang mit dem Hygienewissen der Klinikmitarbeiter – irgendwann war doch für jeden Hygiene ein Ausbildungsfach, also Inhalt von Lehre und Lernen – stellt sich die Frage, in welchem Umfange und in welcher Situation gelerntes Wissen zum Bestandteil beruflichen Alltags wird.
Praxisbeispiel: Hygieniker fordern insbesondere in Erkältungs- und Norovirusperioden („R-Monaten“ = Monate von September bis April), auf den besonders bei Viren und Bakterien beliebten „handshake“ zu verzichten. Auch soll insbesondere während eines Norovirusausbruchs das Hygieneprinzip: „Beherrsche deine Hände und vermeide unkontrollierte Hand-Gesichts- und Haar-Kontakte“ besonders streng beachtet werden. Die alltäglichen Beobachtungen zeigen anderes.
Praxisbeispiel: Pflegehandbuch Herdecke
Ein weiteres Praxisbeispiel auch zu den Inhalten eines Hygiene-Management-Handbuches ist im Pflegehandbuch Herdecke (Sitzmann, 1998) zu sehen. Die Absicht ist im Vorwort des Herausgebers dargestellt: „Qualitätsentwicklung ist eine immer deutlichere Forderung im Krankenhaus zur Verbesserung der Sicherheit des Patienten und zur Förderung der beruflichen Sinnfindung. Sofort stehen ergänzend interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit im Blickpunkt sowie eine Erweiterung des pflegerischen Aufgabenfeldes über die eingeschränkt somatische und naturwissenschaftlich begründete Perspektive hinaus. (…)
Das ‚Pflegehandbuch Herdecke‘ hat sich (…) die Förderung dieses Qualitätsgedankens und die Zusammenarbeit der Pflegenden untereinander, mit Therapeuten und anderen Mitarbeitern zur Aufgabe gemacht. In kurzer Zeit ist ein Nachdruck der ersten Ausgabe, die der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, erforderlich geworden. Das zeigt, dass diese Ideen auch Pflegende anderer Krankenhäuser und Einrichtungen des Gesundheitswesens ansprechen. (…)
Pflege des Kranken sowie des Menschen in hilfsbedürftiger Lage entwickelt sich sehr intensiv in einer Quantität des Wissens sowie Kurzfristigkeit des Zeithorizontes. Deshalb wird an einer ständigen Weiterentwicklung des Hintergrundes unserer Berufsarbeit gearbeitet werden müssen. Für die Möglichkeit der intensiven Einbeziehung in diesen Prozess durch die Veröffentlichung des ‚Pflegehandbuches Herdecke‘ dankt der Herausgeber und hofft auf weiteren fruchtbaren Austausch mit der Fachöffentlichkeit.“
Wie werden die Inhalte bestimmt?
Jede Veränderung hat eine betriebswirtschaftliche und eine psychologische Perspektive. Die betriebswirtschaftliche Seite wird beherrscht von einer effizienzbezogenen, die psychologische von einer emotionsbezogenen Information, Kommunikation und Steuerung. Für den ganzheitlichen Erfolg einer Veränderung, wie das Erstellen und Implementieren eines HMH, sind immer beide Perspektiven erforderlich.
An erster Stelle steht, festgestellte Problem wahr- und ernst zu nehmen. Aus den ersten Beobachtungen zum Bedarf und einer evtl. Befragung von Mitarbeitern muss sich eine Arbeitshypothese zu den erforderlichen Inhalten des Hygienehandbuches entwickeln. Hier gilt „first things first“ oder besser „Häufiges ist häufig und Seltenes selten“: banal imponierende Prinzipien, die den Alltag aber erheblich erleichtern.
Die Umsetzung der Aufgabe eines Hygienemanagement-Handbuches kann entsprechend folgender Beispielen realisiert werden (Welk, 2015):
„Bombenwurfstrategie“: Die Lösungsvorgabe wird von der Geschäftsführung ohne vorherige interne Kommunikation durchgesetzt.
Nachteile: Es kann Widerstand erwartet werden durch die Vorgabe und den Druck „von oben“, fehlende Akzeptanz und fehlende Identifikation durch mangelnden Einbezug der beteiligten Berufsgruppen.
Vorteile: Möglichkeit der Implementierung radikaler Veränderungen durch Direktive mit extrem kurzer Zeitschiene.
„Rationale Strategie“: Vielfach formulieren externe Berater das Arbeitsergebnis.
Nachteile: Lösung muss den Mitarbeitern erst „verkauft“ werden.
Vorteile: Die Konzeptentwicklung erfolgte aus „einer Hand“, schnelle Ergebnisse können erwartet werden, aber auch sichere?
„Entwicklungsstrategie“: Ausarbeitung durch aktive Partizipation der beteiligten Mitarbeiter selbst, bei der im Vorfeld eine Ist-Analyse nötig ist.
Nachteile: Es entsteht ein hoher Zeitbedarf, der vielfach methodische Unterstützung erfordert mit langsamer Entwicklung bei hohem Zeit – und Ressourcenbedarf.
Vorteile: meist starke Identifikation und Veränderungsbereitschaft durch „eigene“ Arbeit und Expertise, schnelle Verankerung in den Arbeitsalltag, Steigerung der Motivation und Arbeitszufriedenheit.
Welche Inhalte sind sinnvoll?
Um möglichst genau das komplexe Gefüge von Verantwortungen, speziellen Erfordernissen der verschiedenen Abteilungen usw. abzubilden, werden Hygienemanagement-Handbücher (HMH) entworfen und genutzt. Ein derartiges HMH wird zumeist inhaltlich an den Abteilungen gegliedert, wobei es hinsichtlich der Detaillierung von der Größe und Komplexität der jeweiligen Einrichtung abhängig ist. Das HMH dokumentiert die Tätigkeitsfelder der Klinik sowie die Aufbau- und Ablauforganisation. Neben einer Intranet- oder Internet-Version können neue Mitarbeiter dieses zusätzlich in Papierform erhalten. Weiter werden neue Mitarbeiter vom (Stations-)Oberarzt und der Stationsleitung eingewiesen. Auf diese Weise kann es als wichtiges Dokument im Qualitätsmanagement betrachtet werden.
Ausführliche schriftliche Hygieneanforderungen sind schön und gut. Oft sind jedoch Bilder oder Grafiken einprägsamer, die kurz und prägnant Arbeitsabläufe und richtiges Vorgehen zeigen.
Aufbau und Struktur eines Hygienehandbuches
Grundsätzlich sollten sich Aufbau und Struktur eines Stationshandbuches an den Bedürfnissen der Einrichtung orientieren und vom Allgemeinen zum Speziellen aufgebaut sein. Ein wichtiges Kriterium ist auch, dass das Handbuch fortlaufend aktualisiert und ergänzt werden kann. Deshalb ist es wichtig, die einzelnen Dokumente mit Verfasser und Verfassungsdatum zu kennzeichnen. Im Gesundheitswesen sind sogenannte Organisationshandbücher sicherlich ähnlich strukturiert, variierend zwischen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Eine Grundlage kann folgendes Beispiel liefern:
- Allgemein A – Z (z. B. Abfallrichtlinie – Archivierung von Krankenakten – Besondere Vorkommnisse – Hausordnung – Korruptionspräventionsrichtlinie – Unterschriftenordnung
- Medizinisch-pflegerische Regelungen A – Z (z. B. ärztliche Dokumentation (Richtlinie) – Aufnahmeprotokoll – Dokumentationsrichtlinie – Krankenbeförderung (Richtlinie) – Medikationsrichtlinie – Antibiotika-Empfehlungen-Pflegestandards (hier können wichtige Instrumente die Sammlung hausintern bearbeiteter hygienebezogener Pflegestandards aus dem FORUM Verlag sein)
- Verfahrensanweisung Hygienemanagement: In dieses Dokument wird die Erreichbarkeit der verantwortlichen Hygienefachkraft und der Mitglieder des weiteren Hygieneteams (Krankenhaushygieniker, hygienebeauftragte Ärzte) aufgenommen (E-Mail und telefonisch) mit dem Hinweis, dass sich diese Kontaktdaten bei den pflegerischen Hygienebeauftragten (Link-nurse) in allen Bereichen befinden, weiterhin eine Übersicht der in den bettenführenden und medizinorientierten Funktionsbereichen tätigen pflegerischen Hygienebeauftragten (Krankenschwestern, Krankenpfleger oder anderer Fachberufe wie medizinische Fachangestellte) sowie deren Aufgabenbeschreibung mit Zuständigkeit und Kompetenzen.
Im HMH sind auch die ausgebildeten und benannten pflegerischen Hygienebeauftragten aufzunehmen, das gehört zu einem strukturierten und systematischen Qualitätsmanagementsystem.
- Arbeits- und Gesundheitsschutz A – Z (z. B. Mutterschutz – Zytostatika, Verhalten bei Schnitt-, Stichverletzungen)
- Informations- und Medizintechnik A – Z (z. B. Datenschutzvorfälle – Handbuch Medizintechnik).
Weitere Praxisbeispiele
Die Krankenhaushygiene ist ein Bereich des Krankenhauses mit vielen Schnittstellen. Damit die Abläufe effizient und kostentransparent sind, müssen sie besonders gut organisiert werden, z. B. durch ein A – Z der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung.
Praxisbeispiel ZSVA:
Um diese Ziele zu erreichen, ist z. B. für den Bereich der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA, auch Zentralsterilisation genannt) einer Klinik als Erstes ein Qualitätsmanagementhandbuch in Kombination mit der Krankenhaushygiene zu erstellen. Es stellt den gesamten Prozess der Instrumenten-Aufbereitung, so wie er in der Klinik nach den Vorgaben der vorhandenen Normen und Hygieneprinzipien ablaufen soll, schriftlich und bildlich dar und ist damit eine Hilfestellung für alle Anwender in der Klinik. Alle Zuständigkeiten werden hier klar festgelegt und in einem Organigramm festgehalten.
Praxisbeispiel:
In Papierform als Kitteltaschenbroschüre liegt mir ein vom Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Uniklinik RWTH Aachen erstellter Leitfaden zur Krankenhaushygiene vor. Stand Juli 2009, 2. Auflage Stand Mai 2013 (Lemmen 2013)
Praxisbeispiel Informationsbroschüre Händehygiene:
Zur Händehygiene gab die Krankenhaushygiene der Kliniken Südostbayern AG eine Informationsbroschüre nach den Empfehlungen der WHO im Rahmen des Projektes „Clean care is safer care” heraus. Auf 8 Seiten schildert sie in übersichtlicher Form das „Wie, Wann und Warum?“ der Bedeutung der Händehygiene (Kappstein 2015).
Hygieneleitfaden-App
In aktuellster Form veröffentlicht der Zentralbereich für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Uniklinik RWTH Aachen eine Hygieneleitfaden-App. Es werden in dieser App knapp und praxisorientiert die wichtigsten präventiven Maßnahmen der häufigsten nosokomialen Infektionen wie Pneumonie, Sepsis, Harnwegsinfektionen und Wundinfektionen dargestellt. Es werden der Umgang mit Patienten mit multiresistenten Erregern (z. B. MRSA, VRE und MRGN) sowie übertragbare Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Clostridium difficile oder Noroviren beschrieben. Die meisten Kapitel sind mit der aktuellen Literatur verlinkt. Durch ein regelmäßiges Update wird die Aktualität der Empfehlungen gewährleistet. Mithilfe der Volltextsuche findet man schnell, was man sucht. Dieser Leitfaden richtet sich an Ärztinnen / Ärzte und Pflegende in Krankenhaus und Arztpraxis und unterstützt damit die Realisierung der Campusidee.
Aufgabe zur ständigen Aktualisierung
Ein Hygiene-Management-Handbuch ist nie „fertig”. Die laufende disziplinierte Ergänzung durch neue Fragen ist erforderlich. Das entsteht durch neue Fragestellungen aus der täglichen Arbeit der Mitarbeiter, die praxisbezogen bearbeitet werden.
Praxisbeispiel:
Anfrage aus der OP-Praxis: Hallo Herr Sitzmann, wir sind uns hier uneinig, was den Einsatz von FFP2- und FFP3-Masken betrifft. Es betrifft ja vor allem Thorakoskopien, bei denen ja auch gerne mal während der OP der Verdacht von offenen Lungen-TBC geäußert wird.
Die zweite Einsatzmöglichkeit ist bei uns die Thermokoagulation von Kondylomen, dabei besteht eine hohe Gefahr des Einatmens von Dämpfen.
Antwort: s. Seite 15 der Langfassung des Hygieneplan OP auf: URL: http://www.klinik-hygiene.de/Hygieneverabredungen.html
Neben der raschen Beantwortung derartiger Praxisfragen kommt es auf die korrekte Dokumentation und Festlegung für zukünftiges Handeln an.
Diese ständige Aktualisierungsnotwendigkeit besteht auch für die Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA). Denn die Aufbereitungsprozesse der Instrumente müssen den sich ständig ändernden Anforderungen – wie neue Operationsverfahren oder neue Instrumente – gerecht werden. Dieser abteilungsbezogene Teil eines Hygiene-Management-Handbuches muss von der Leitung der Abteilung herausgegeben und mit deren Unterschrift freigegeben werden. Somit ist es für alle Mitarbeiter der benannten Bereiche und die Schnittstellen, wie Zentral-OP, Funktionsstellen, Stationen, Beschaffung und ZSVA, bindend. Dieses Hygiene-Management-Handbuch dokumentiert Verfahrensanweisungen und enthält die mitgeltenden Formulare. Zusätzlich enthält es Prozessbeschreibungen mit konkreten Arbeitsanweisungen.
Beispiel für Praxisfrage und Dokumentation im HMH:
Wie müssen Instrumente, die mit latexhaltigen OP-Handschuhen berührt, aber während der OP nicht im Einsatz waren, behandelt werden? Müssen sie, um die Latexpartikel abzuspülen, dem gesamten Aufbereitungskreislauf (RDG, Verpackung und Sterilisation) zugeführt werden oder ist eine erneute Verpackung und Sterilisation ausreichend?
Antwort:
Nach Abschluss der Operation kann eine Trennung in benutzte und unbenutzte Instrumente sinnvoll sein, um den evtl. Zwischenschritt „manuelle Vorreinigung, z. B. im Ultraschallgerät, zu unterlassen. Einer maschinellen Aufbereitung in geöffnetem Zustand müssen aber alle Instrumente unterzogen werden.
Der Autor
Franz Sitzmann
Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene, Lehrer für Pflegeberufe, Autor zahlreicher Fachpublikationen. 14089 Berlin
www.klinik-hygiene.de