Arbeitsschutz und rechtliche Anforderungen

Zeigt her eure Hände – Tipps und Entscheidungshilfen zur richtigen Handschuhwahl

Text: Dr. Barbara Poschwatta | Foto (Header): © Photographee.eu – stock.adobe.com

Welche Handschuhe für welchen Zweck? Eine Frage, die man sich in der Pflege häufiger stellt oder stellen sollte. Nur, welche Antwort stimmt bzw. was kann einem die Auswahl bei der Vielzahl von Handschuhen und Anbietern erleichtern? In diesem Zusammenhang gibt es viele verschiedene Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. In der täglichen Pflege fragt man sich üblicherweise nicht, welchen Handschuh man nehmen soll. Selten hat man die Wahl. Einzige Ausnahme sind Allergiker, für die spezielle Einmalhandschuhe vorgehalten werden.

Auszug aus:

QM Praxis in der Pflege
Ausgabe September / Oktober 2017
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Handschuhe spielen bei der persönlichen Schutzausrüstzung eine wichtige Rolle. Es vergeht kein Tag, an dem man in der Pflege nicht Einmalhandschuhe verwendet.

Schutzhandschuhe sollen eingesetzt werden, wenn es bei einer Tätigkeit zu einem Kontakt der Hände mit potenziell infektiösem Material kommen kann, soweit die TRBA 250. Das bedeutet, man schützt sich vor Kontamination oder Infektion.

Ein anderer Grund, sich zu schützen, ist die Arbeit mit Gefahrstoffen. Es gibt z. B. Desinfektionsmittel, die die Haut schädigen können und deswegen nicht ohne Handschuhe verwendet werden sollten.

Bereits diese beiden Zwecke verdeutlichen, dass Handschuhe sehr spezifische Eigenschaften haben müssen, um ihren Zweck zu erfüllen.

  • Wie soll man sich jetzt bei Auswahl der richtigen Handschuhe entscheiden?
  • Was sollte man beachten?
  • Wie müssen Handschuhe beschaffen sein?

Fragt man die Mitarbeiter, die die Schutzhandschuhe tragen, dann ist für sie wichtig,

  • dass sie angenehm zu tragen sind,
  • das Material hautverträglich ist,
  • dass sie ausreichend Sensibilität gewährleisten,
  • die Handschuhe nicht sofort reißen,
  • das Anziehen mühelos funktioniert
  • die Hände zuverlässig geschützt sind.

Aus Sicht des Arbeitgebers ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit den Arbeitsmitteln ein Faktor, aber nicht der einzige, der zählt. Natürlich ist die Mitarbeiterzufriedenheit generell für einen Arbeitgeber wichtig und ein Arbeitsmittel wird dann tatsächlich eingesetzt, wenn es den Erwartungen der Mitarbeiter entspricht. Aber das einzige Auswahlkriterium ist dies nicht. Eine Rolle spielen z. B.:

  • Entsprechen die Handschuhe den rechtlichen Anforderungen?
  • Sind die Handschuhe für den gedachten Zweck geeignet?
  • Welche Kosten kommen auf die Einrichtung zu?

Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass die Auswahl von Einmalhandschuhen tatsächlich schwieriger ist, als dies auf den ersten Blick scheint. Deswegen macht es Sinn, sich über Entscheidungshilfen zu informieren und sie bei der Auswahl zu berücksichtigen.

TRBA 250

Grundlegende Angaben zur Verwendung von Schutzhandschuhen finden sich in der TRBA 250. Demnach sind zwei verschiedene Arten von Schutzhandschuhen geeignet:

  • flüssigkeitsdichte, ungepuderte und allergenarme medizinische Handschuhe mit einem Qualitätskriterium AQL von ≤ 1,5 bei möglichem Kontakt zu Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen
  • flüssigkeitsdichte, ungepuderte, allergenarme und zusätzlich reinigungs- und desinfektionsmittelbeständige Schutzhandschuhe mit verlängertem Schaft zum Umstülpen bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten, damit das Zurücklaufen der kontaminierten Reinigungsflüssigkeit unter den Handschuh verhindert wird.

TRGS 401

In Bezug auf Arbeiten mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln bietet auch die TRGS 401 einige Hinweise zu Verwendung und Auswahl von Schutzhandschuhen.

Empfehlung zur Händehygiene der KRINKO

Die KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut) hat in ihrer Empfehlung zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens Anforderungen an die Anwendung von medizinischen Einmalhandschuhen definiert.

Grundsätzlich unterscheidet die KRINKO zwischen Handschuhen als persönliche Schutzausrüstung und Einmalhandschuhen, die dem Infektionsschutz des Patienten dienen und als Medizinprodukt anzusehen sind. Generell dürfen im Umfeld von Patienten nur Handschuhe verwendet werden, die Medizinprodukt (MP) oder persönliche Schutzausrüstung (PSA) sind. Sie müssen den Anforderungen der Normenserie EN 455 und 374 entsprechen.

Die KRINKO-Empfehlung gibt Hinweise zur Keimfreiheit von Handschuhen, der Verwendung von Schutzhandschuhen gegen Chemikalien und Mikroorganismen sowie zum Einsatz von feuchtigkeitsabsorbierenden Unterziehhandschuhen. Ein eigener Abschnitt bezieht sich auf sterile Handschuhe.

Generell sollen die Handschuhe, die als PSA eingesetzt werden, pathogenfrei sein. Das ist nicht mit steril gleichzusetzen. Trotzdem dient dies der Unterbrechung von Infektionsketten.

Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen müssen die Anforderungen der EN 420 zu Unschädlichkeit, Ergonomie und Widerstand gegen Wasserdurchdringung erfüllen. Außerdem müssen sie speziellen Anforderungen bezogen auf den geplanten Einsatz entsprechen. Die Regelungen dazu sind in der  EN 374 Teil 1, 2, 4 und 5 festgeschrieben.

Natürlich ist der Widerstand gegen blutübertragene Krankheitserreger wichtig. Dieser findet sich in der ASTM F1671. Bei der Auswahl muss außerdem die Durchbruchzeit beachtet werden. Es gibt sechs Klassen, die darüber Auskunft geben.

Leitlinie der AWMF
Händedesinfektion & Händehygiene

Es gibt eine 2k-Leitlinie des Arbeitskreises Krankenhaus- & Praxishygiene der AWMF zur Händedesinfektion und Händehygiene. Diese Leitlinie umfasst auch einen Gliederungspunkt Medizinische Handschuhe.

Grundsätzlich lautet die Vorgabe, bei vorhersehbarem oder wahrscheinlichem Kontakt mit Krankheitserregern oder Verunreinigungen durch Körperausscheidungen sind nichtsterile medizinische Einmalhandschuhe zu tragen.

Ein Handschuhwechsel ist indiziert, sobald die Tätigkeit am Patienten beendet ist. Handschuhe dürfen nicht für mehrere Patienten verwendet werden. Immer wenn eine Händedesinfektion erfolgen soll (entsprechend dem Arbeitsablauf und der Indikationen für Händedesinfektionen), dann sollen die Handschuhe gewechselt werden.

Das Desinfizieren der Handschuhe wird kritisch gesehen. Notwendige Voraussetzung ist hier, dass die Handschuhe definitiv mit dem Desinfektionsmittel kompatibel und chemikalienbeständig sind.

Einmalhandschuhe, die als PSA deklariert sind, müssen dann eingesetzt werden, wenn eine Schutzfunktion gegen Chemikalien und Mikroorganismen vonnöten ist.

Sterile OP-Handschuhe sind laut Leitlinie dann zu verwenden, wenn bei invasiven Maßnahmen die Basishygiene nicht ausreicht, sondern sterile Medizinprodukte oder steriles Material verwendet wird.

Die Einmalhandschuhe sind immer – egal ob steril oder unsteril – auf trockener Haut zu tragen. Gepuderte Latexhandschuhe sind verboten, weil diese eine hohe Allergiegefahr bergen.

Leitlinie der AWMF
Anforderungen an Handschuhe zur Infektionsprophylaxe im Gesundheitswesen

Eine weitere Leitlinie, die im Zusammenhang mit der Auswahl von Einmalhandschuhen wichtig ist, wird derzeit gerade überarbeitet. Es handelt sich um die Leitlinie Anforderungen an Handschuhe zur Infektionsprophylaxe im Gesundheitswesen. Diese Leitlinie ist nur bis 30. November 2015 gültig gewesen. Aufgrund der mangelnden Aktualität scheint es nicht sinnvoll, an dieser Stelle genauer auf die Inhalte einzugehen. Sobald die Leitlinie überarbeitet wurde, werden wir hier darüber berichten. Sie beinhaltet bisher tatsächlich genau die Aspekte, die für die Anwendung von Einmalhandschuhen sinnvoll sind. Folgende Themenbereiche werden dargestellt:

  • Einsatz von Schutzhandschuhen
  • Auswahl geeigneter Handschuhe
  • Latexallergien
  • Auswahl von Schutzhandschuhen
  • Welcher Handschuh für welchen Zweck
  • Normative Regelungen
  • Antworten auf häufige Fragen, wie z. B. Desinfektion ja oder nein

Weitere Informationsquellen

Es gibt weitere Möglichkeiten, die bei der Handschuhauswahl unterstützen können. Dazu zählen u. a.

  • DGUV Information 212-007
  • Chemikalienschutzhandschuhe
  • DGUV Regel 112-195 – Benutzung von Schutzhandschuhen
  • Information des Bundesverbands Handschutz e. V.: Durch die Gefährdungsermittlung zum optimalen Handschutz

DGUV Information 212-007

In der DGUV Information 212-007 wird beschrieben, warum Chemikalienschutzhandschuhe notwendig sind. Es wird detailliert dargestellt, wie man ermittelt, welcher Schutzhandschuh geeignet ist. Um den Anwender zu unterstützen, gibt es eine spezielle Kennzeichnung. Die DGUV Information gibt einen Überblick über die Kennzeichnung und ihre Bedeutung. Außerdem enthält die Information eine praktische Checkliste zur Beschaffung von Schutzhandschuhen. Die Information ist bei der DGUV elektronisch verfügbar .

DGUV Regel 112-195

In der DGUV Regel 112-195 wird die Benutzung von Schutzhandschuhen reglementiert.  Die Regel thematisiert die Anforderungen der PSA-Benutzungsverordnung und der DGUV Vorschrift 1.

Der Anwendungsbereich der Regel sind Auswahl und Benutzung von Schutzhandschuhen zum Schutz gegen schädigende Einwirkungen mechanischer, thermischer, chemischer Art und Mikroorganismen oder ionisierende Strahlen.

Entsprechend der Regel muss vor der Anwendung von Schutzhandschuhen die Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Wichtig ist, dass die verwendeten Materialien keine gesundheitsschädigende Wirkung haben dürfen.

Gemäß der DGUV Regel müssen bei der Auswahl folgende Aspekte gegeneinander abgewogen werden:

  • bestmöglicher Schutz
  • Tragekomfort
  • Tastgefühl
  • Greifvermögen

Bei Handschuhen zum Schutz vor Chemikalien und ihrer Wirkung ist zu beachten

  • die Durchdringung des Handschuhs
  • unterschiedliche Wirksamkeit gegen unterschiedliche Chemikalien (gegen eine Chemikalie Schutzwirkung vorhanden, gegen eine andere nicht)
  • Eigenschaften von Stoffmischungen entsprechen nicht unbedingt den Eigenschaften der einzelnen Bestandteile
  • Einschränkung der Verwendungsdauer (Herstellerangabe beachten)

Der Arbeitgeber muss die Schutzhandschuhe bewerten, bevor er sie letztendlich auswählt. Gemäß DGUV Regel ist festzustellen, ob

  • Schutz gegenüber den Gefahren besteht und keine Gefahr vom Schutzhandschuh ausgeht
  • Eignung für die Arbeitsbedingungen besteht
  • Ergonomische Anforderungen und gesundheitliche Erfordernisse erfüllt werden
  • Anpassung an den Träger möglich ist.

Diese Auswahl zeigt, dass sich die DGUV Regel auf alle möglichen Arten von Schutzhandschuhen bezieht.

In der Regel werden neben den verschiedenen Handschuhformen und -größen auch die unterschiedlichen Materialien beschrieben. Die Regel stellt ebenfalls die verschiedenen Kennzeichnungsmöglichkeiten dar.

Neben Angaben zur korrekten Benutzung werden zusätzlich Hinweise zum Gesundheitsschutz gegeben. Hilfreich sind die Angaben zur Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten.

Information des Bundesverbands Handschutz e. V.

In der Informationsschrift wird darauf verwiesen, dass die Auswahl der Schutzhandschuhe von den Arbeitsstoffen und Arbeitsverfahren abhängt. Hilfreich ist eine Übersicht zu den verschiedenen Kennzeichen der Schutzhandschuhe. Diese basieren auf den europäischen Normen und sind im Bereich der medizinischen Einsatzbereiche insbesondere hinsichtlich der EN 374 Chemische Gefahren – Penetration – Permeation interessant.

Besonders betont werden die Informationsdefizite im Bereich der Schutzhandschuhe für den Einsatz bei Chemikalien. Entsprechend ausführlich stellt eine Tabelle die Wirksamkeit verschiedener Materialien gegenüber. Praktisch sind die Angaben zu Besonderheiten und Einschränkungen bei der Verwendung. Zahlreiche Praxistipps ergänzen die Informationen.

Der Einsatz von Schutzhandschuhen über einen längeren Zeitraum kann ebenfalls hautschädigende Wirkung haben. Flüssigkeitsdichte Handschuhe können dazu führen, dass man verstärkt schwitzt und die Haut aufquillt. Entsprechend sollen spezifische Hautschutzmittel verwendet werden, die gegen die Hauterweichung wirken und das Schwitzen reduzieren. Es ist darauf zu achten, dass Hautschutzmittel und Handschuhmaterial sich nicht gegenseitig in ihrer Wirkung negativ beeinflussen. Die Schrift beinhaltet auch Hinweise zum richtigen Umgang mit Schutzhandschuhen. Diese Hinweise können auch gut für die Mitarbeiterunterweisung verwendet werden.

  • Vor dem Anziehen der Handschuhe die Hände gründlich säubern und trocknen
  • Zeitraum der Benutzung beachten (nicht über 2 Stunden ohne Unterbrechung)
  • Bei Stulpenhandschuhen den Rand umschlagen
  • Beim Ausziehen des Handschuhs darauf achten, dass die Außenseite nicht die Haut berührt
  • Schutzhandschuhe müssen beschädigungsfrei sein

Fazit

Wie zu Beginn angesprochen: Die Auswahl von Einmalhandschuhen ist relativ komplex, wenn man alle Unwägbarkeiten und Anforderungen erfüllen möchte. Im Pflegebereich gibt es unterschiedliche Aspekte, die eine Rolle spielen und die in unterschiedlicher Form die Auswahl einschränken. Im Bereich Arbeitshilfen finden Sie Dokumente, die Ihnen den Umgang und die Auswahl erleichtern sollen. Literaturhinweise können bei der Redaktion angefordert werden.

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